Was schreiben Sie da eigentlich immer auf Ihr Klemmbrett?
Ich arbeite eine Sitzung immer nach und eine Woche später auch wieder vor. Dafür mache ich mir stichpunkartig Notizen auf meinem Klemmbrett.
Was sagt es darüber aus, was ich in einem Tintenklecks sehe?
Tatsächlich gar nicht mehr sooo viel. Es gibt zwar Auswertungsbögen zum Rorschachtest, die vorgeben, welche Deutung, was zu bedeuten hat. Für mich hat das aber in den seltensten Fällen etwas mit den reellen Problemen eines Patienten oder einer Patientin zu tun. Deshalb sind die Tintenkleckse in meiner Praxis bis jetzt noch nicht zum Einsatz gekommen. Der Test ist auch generell in seiner Nutzbarkeit umstritten.
Liegen die Patienten in Amerika wirklich immer auf der Couch - und warum ist das bei uns nicht so?
Das Auf-der-Couch-Liegen geht auf Sigmund Freud’s Psychonalyse zurück, die im klassischen Sinn auch gar keinen Sichtkontakt vom Patienten zum Therpeuten möchte.
Heute arbeiten viele Psychotherapeuten anders. Die Psychoanalyse als rein tiefenpsychologischer Ansatz ist, meiner Erfahrung nach, aus der Mode gekommen. Vor allem auch, weil sie das psychische Problem kaum in der Gegenwart betrachtet, sondern viel mehr verstehen will, wo es herkommt. Finde ich persönlich super. Aber im 2. Schritt der Therapie. Die Psychoanalyse ist übrigens ein Richtlinienverfahren, dass von Krankenkasse bezahlt wird.
Wie das jetzt in Amerika genau aussieht, weiß ich natürlich nicht. Aber ich denke, der Trend wird ähnlich sein wie hier. Vor allem, weil dort im späteren Verlauf der Geschichte, viele andere Therapiemethoden entstanden sind. Zum Beispiel hat mit Albert Ellis und Aaron T. Beck dort die sogenannte "kognitive Wende" stattgefunden. Die Geburtstunde der kognitiven Verhaltenstherapie, die auch in den Vereinigten Staaten oft das Mittel der Wahl ist und dort großen Anklang findet.
Dürfte ich meinem Therapeuten / meiner Therapeutin einen Mord gestehen und er / sie dürfte es nicht melden?
Jein. Grundsätzlich unterliegen alle Psychotherapeuten und Ärzte der Schweigepflicht. Pfarrer übrigens auch. Und das auch vor Gericht.
Soll der Mord noch begangen werden, also jemand Drittes ist in akuter Lebensgefahr, gilt der Fall des „rechtfertigenden Notstandes“, der die Schweigepflicht aufhebt.
Allerdings haben Heilpraktiker kein Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht. Ich persönlich dürfte aufgrund meiner Schweigepflicht einen bereits begangenen Mord nicht melden. Wäre ich aber Zeuge in einer Gerichtsverhandlung, müsste ich über den Mord berichten, sofern er mir bekannt ist und danach gefragt wird. Ein psychologischer Psychotherapeut muss das nicht. Hier bleibt die Schweigepflicht auch vor Gericht bestehen.
Gibt es Dinge, die Therapeuten noch schockieren?
Ja, natürlich. Das hat aber nichts mit dem Patienten oder der Patientin und seinem bzw. ihrem Krankheitsbild, Verhalten, Erlebnissen etc. zu tun. Es sind dann eher Themen, die uns Therapeuten selbst antriggern und uns vor die Aufgabe stellen, wie wir persönlich damit umgehen wollen. Also kurz: der Patient / die Patientin kann uns nicht schockieren, wir schockieren uns selbst :D
Wie schaffe ich es, dass mein Therapeut / meine Therapeutin nicht schlecht von mir denkt / mich mag?
Bitte bloß nicht verstellen! Eine Therapie ist nur hilfreich und gewinnbringend, wenn ihr euch so zeigt, wie ihr seid und nicht, wie ihr denkt, dass euch euer Therapeut / eure Therapeutin gerne hätte. Wir wollen PatientInnen immer so wie sie sind. Das ist die beste Arbeitsgrundlage für beide.
Woher weiß ich, dass mein Therapeut / meine Therapeutin mir noch zuhört? Findet er / sie mich sterbenslangweilig?
Wir sind auch nur Menschen. Und klar, lässt auch manchmal unsere Konzentration nach. Das ist ganz normal. Aber i.d.R. üben wir (klar, ich kann es nur zu 100% für mich sagen) diesen Beruf aus, weil wir menschliche Lebensgeschichten und die dazugehörenden psychologischen Zusammenhänge spannend finden.
Bin ich vielleicht gar nicht (mehr) krank und mein Therapeut / meine Therapeutin nutzt mich nur finanziell aus?
Ihr seid der Chef / die Chefin eurer Therapie.
Ich gebe Empfehlungen, auch wenn ich das Gefühl habe, dass größere Abstände zwischen den Sitzungen machbar sind. Hier geht es ja auch um einen Abnabelungsprozess und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Und das habe ich natürlich im Blick.
Und außerdem: ihr merkt ja auch, wenn es euch besser geht. Niemand, der sich freiwillig in Therapie begibt, wird zur Therapie gezwungen.